Lagebericht

V. Chancen- und Risikobericht

Das Unternehmen erfasst und bewertet routinemäßig mit einem Risikomanagementsystem wesentliche und erkennbare Änderungen im Branchenumfeld, in gesetzlichen Regelungen oder in betrieblichen Rahmenbedingungen, die sich negativ auf die Unternehmensentwicklung auswirken können. Dabei werden die Entwicklungen auf den Energiemärkten durch gezielte Regelungen und Analysen bezogen auf die Commodities Strom, Erdgas, Kohle und Emissionszertifikate gesondert beobachtet.

1. (Markt-)Preis- und Absatzrisiken und -chancen


Im Laufe des Jahres 2023 sind die Preise an den Energiemärkten wieder stark zurückgegangen. Allerdings haben diese nicht wieder das Niveau von vor dem Beginn des Ukrainekrieges erreicht. Von einer Stabilisierung kann nicht zwingend ausgegangen werden. Die Kriegshandlungen mitten in Europa halten unverändert an und weltweit weiten sich die kriegerischen Unruheherde aus, die starken Einfluss auf das Geschehen an den Weltmärkten haben. Damit wird deutlich, dass sämtliche Geschäftsverlaufsannahmen auf einer fragilen Ausgangslage
basieren. Die Marktpreisentwicklungen sind abhängig von politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Einflüssen und damit nur eingeschränkt prognostizierbar. Die Konjunkturentwicklung und das voraussichtliche Verbrauchsverhalten der Kunden bleibt schwer vorhersehbar. Diese Unsicherheiten gilt es deshalb, in einem ständigen Monitoring-Prozess zu überwachen.
Dennoch haben die Stadtwerke Flensburg als Folge der Beruhigung der Energiemärkte, insbesondere des Wegfalls der hochvolatilen Preisentwicklungen, ihre Vertriebstätigkeiten im Produkt- und Individualkundengeschäft im letzten Quartal des Jahres 2023 wieder aufgenommen. Zwischenzeitlich ist das Unternehmen auch wieder auf den einschlägigen Vertriebsportalen präsent. Der Fokus liegt im Strom- und im Erdgasbereich im Gegensatz zum Vorjahr wieder auf der Kundengewinnung.
Mit der zugrunde liegenden Beschaffungsstrategie und den zugrunde liegenden Beschaffungsregeln sollen durch langfristige, vorausschauende physikalische und finanzielle Sicherungsgeschäfte mögliche Extrempreisentwicklungen abgefedert und soweit wie möglich Planungssicherheit erlangt werden. Im Fokus steht dabei nicht nur die Sicherung der einzelnen Commodities und der sich am Markt ergebenden Spread zwischen Beschaffungskosten und Absatzpreisen, sondern auch die kontinuierliche Bewertung der Beschaffungsmöglichkeiten an sich. Hier haben teils illiquide Märkte das Handeln erschwert. Gemäß den geltenden Beschaffungsregeln für Terminprodukte werden derivative Finanzinstrumente in der Strom- und Gasbeschaffung nur in Zusammenhang mit vertrieblichen Grundgeschäften abgeschlossen. Dabei sollen kontinuierliche Prüfungen,
situationsbezogene und monatliche, geschäftsbereichsübergreifende Verprobungen Handlungsnotwendigkeiten frühzeitig sichtbar werden lassen.
Die Kohlebeschaffung, die wegen der beschriebenen gesetzlichen und marktbedingten Rahmenbedingungen einen zwar kontinuierlich abnehmenden aber immer noch besonderen Stellenwert einnimmt, wird in bestimmten Anteilen über derivative Finanzinstrumente gegen Marktpreisentwicklungen preislich fixiert. Auch für die kraftwerksbezogene Erdgasbeschaffung wird analog zur Kohlebeschaffung ebenfalls eine preisliche Fixierung definierter Anteile gegen Marktpreisentwicklungen durchgeführt. Die Abgabeverpflichtung für Emissionszertifikate wird über Termingeschäfte geschäftsjahresbezogen preislich gesichert. Aufgrund ihrer Marktfähigkeit unterliegen die Emissionszertifikate den üblichen Marktchancen und -risiken und stellen im Gesamtkontext der
Erzeugung neben Kohle und Erdgas einen wesentlichen Einsatzfaktor dar.
Die Netzentgelte im eigenen Netzgebiet werden wiederum leicht ansteigen. Diese Zunahme ist hauptsächlich auf den Wechsel der Regulierungsperiode und die damit anerkannten Mehrkosten aus dem Jahr 2021 zurückzuführen sowie auf den Anstieg des Inflationsfaktors und die gestiegenen Kosten für die Verlustenergie.
Ein kalkulatorisches Risiko im externen Strom- und Erdgasgeschäft liegt in der Berücksichtigung der Netzentgelte, die anderen Netzbetreibern zu vergüten sind. Diese Netzentgelte liegen erst zum Ende des Planungsprozesses vor. Demgegenüber sind die Umlagen-Belastungen weitestgehend gut prognostizierbar.
Durch regelmäßige Analysen und Verprobungen wird sichergestellt, dass sich Absatz- und Einsatzmengen entsprechen. Insbesondere Änderungen im Abnahmeverhalten der Kunden können aber zu Über- oder Unterdeckungen
in der Strom- und Erdgasbeschaffung führen. Durch ein Monitoring der Bilanzkreis- und Ausgleichsenergieabrechnungen werden hier in einem permanenten Prozess Rückschlüsse auf aktuelle und perspektivische Energiebedarfe gezogen. Darüber hinaus wird auch das Abnahmeverhalten der Bestandskunden mit den Ist-Verbräuchen routinemäßig verprobt.

2. Umfeldrisiken und -chancen (Politische/Gesetzliche/Regulatorische Rahmenbedingungen)

 

Die Marktpreisentwicklungen sind weiterhin stark abhängig von politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Einflüssen und damit nur eingeschränkt prognostizierbar. Die Konjunkturentwicklung und das voraussichtliche Verbrauchsverhalten der Kunden bleibt schwer vorhersehbar.
Die kontinuierlich sich verändernde Gesetzeslage, vielfach getrieben durch die Ziele der Energiewende, schafft die Notwendigkeit, sich durchgängig mit den geänderten Regelungen auseinanderzusetzen. Dabei gilt es, die Chancen und Risiken zu bewerten, die sich aus den neuen Regelungen für das Bestandsgeschäft und zukünftige Geschäftsmodelle ergeben.

3. IT-Risiken und -chancen


Die bereits seit 2017 in allen Marktrollen etablierte IT-Landschaft gewährleistet weiterhin, dass den regulatorischen und wettbewerblichen Anforderungen entsprochen werden kann. Im Berichtsjahr hat insbesondere die Notwendigkeit, die Vorgaben der gesetzlichen Preisbremsen in die Abrechnungssysteme zu integrieren, zu einer über das übliche Maß deutlich hinausgehenden Ressourcenbindung geführt. Die zu den Regelterminen 01.04. und 01.10. systemisch einzupflegenden Marktformatänderungen haben zu zusätzlichen Belastungen geführt. Gleichwohl konnte die sachgemäße Umsetzung in den IT-Systemen gewährleistet werden.
Der entsprechend der Strategie seit dem Jahr 2022 neu aufgebaute Geschäftsbereich „Digitalisierung“ nimmt die zunehmenden Herausforderungen im IT-Bereich, aber auch die damit verbundenen Chancen, an. Die unternehmensweite Verzahnung der spezifischen Anforderungen an die Digitalisierung von Prozessen konnte weiter verbessert werden.
Neben den branchenspezifischen Anforderungen bilden ein dichtes Geflecht aus Sicherungsmaßnahmen technischer Art, wie Firewall, Datensicherungskonzepten, Serverstrukturen und die Berechtigungs- und Zugriffsregelungen, die Basis für eine störungsfreie und sichere IT-Landschaft.

4. Operative Risiken


Als Betreiber von Strom-, Wärmeerzeugungs- und -netzanlagen bestehen Risiken aus dem ungeplanten Ausfall oder der Nichtverfügbarkeit von Anlagen. Der Eintrittswahrscheinlichkeit derartiger Situationen wird durch routinemäßige
Revisionen, laufende Kontrollen sowie der frühzeitigen Beseitigung möglicher Schadensursachen entgegengewirkt. Verschiedenste Schadenssituationen sind durch entsprechende Versicherungen abgedeckt.
Analysen des Netzzustands in den Sparten Strom, Wärme und Wasser zeigen, dass der aktuelle Stand durchaus zufriedenstellend ist. Schwachpunkte sind identifiziert und werden durch Maßnahmen bearbeitet. Der in einem kurzen Zeitfenster erfolgte Wärmenetzausbau in Flensburg lässt theoretisch einen größeren Sanierungsbedarf in einem ebenso kurzen Zeitraum erwarten. In diese Richtung gehende Auswertungen zeigen jedoch, dass sich dieser Sanierungsbedarf zum einen noch in den nächsten Jahren gestalten lässt und der theoretische Eintritt noch weiter in der Zukunft liegt. Aktuell können daraus keine wirtschaftlich sinnvollen Aktivitäten abgeleitet werden.

5. Liquiditäts-, Finanzierungs- und Zinsrisiken
und -chancen

 

Durch eine aktive Liquiditätssteuerung wird sichergestellt, dass das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen termingerecht nachkommen kann. Kreditlinien im kurzfristigen Bereich sichern temporäre Liquiditätsbedarfe
ab.
Das Ergebnis des Gesamtunternehmens für 2023 ermöglicht eine Thesaurierung wesentlicher Ergebnisanteile und erlaubt einen Ausbau der Eigenkapitalausstattung, der die Risikotragfähigkeit des Unternehmens weiter
stabilisiert.
Durch einen kontinuierlichen Informationsaustausch mit den finanzierenden Kreditinstituten werden Kapitalbedarfe mit entsprechender Vorlauffrist adressiert. Auf dieser Basis können Mittelbedarfe zu angemessenen
Konditionen gedeckt werden.
Das derzeitige Anlage- und Kreditportfolio ist im Wesentlichen mit Festzinskonditionen ausgestattet, so dass Rückwirkungen aus Marktzinsänderungen nur in geringem Umfang eintreten können. Die zu erwartenden Zinsänderungen auf die variabel verzinslichen Kredite werden nicht als wesentlich betrachtet. Instrumente zur Zinsfixierung sind nicht im Einsatz.

6. Konjunkturelle Entwicklung


Die Kriegshandlungen mitten in Europa halten unverändert an und weltweit weiten sich die kriegerischen Unruheherde aus, die starken Einfluss auf das Geschehen an den Weltmärkten haben. Die Konjunkturentwicklung
bleibt schwer vorhersehbar.
Inwieweit die allgemeine Preisentwicklung zu einem erhöhten Forderungsausfallrisiko in der Energiewirtschaft führt, ist ebenfalls noch nicht absehbar. Es gilt, den weiteren Verlauf von 2024 zu beobachten.

7. Beteiligungsportfolio

 

Das Beteiligungsportfolio der Stadtwerke beschränkt sich mit einer Ausnahme auf Gesellschaften, die im lokalen Umfeld kommunale Aufgaben wahrnehmen. Von den Anteilen an der Tochtergesellschaft AWZ Abfallwirtschaftszentrum
Flensburg GmbH hat sich das Unternehmen in Gänze getrennt. Diese sind mit Wirkung zum 01.01.2024 an die ebenfalls kommunale Technische Betriebszentrum AöR verkauft worden.
Es besteht nach wie vor die Erwartung, dass auf den Öffentlichen Personen-Nahverkehr höhere Anforderungen zukommen werden. Steigende Verlustausgleiche für diese Aktivitäten dürften die Folge sein.
Die Erwartung für die Entwicklung der Aktivitäten des Hafens und des Flughafens orientiert sich an den Verläufen der vergangenen Geschäftsjahre. Die aktualisierte Gewinnverwendungsvereinbarung mit der Gesellschafterin trägt dem Umstand einer ansteigenden Verlustübernahme aus Tätigkeiten der kommunalen Daseinsvorsorge bereits durch eine Betragsdeckelung Rechnung.
Das einzige Investment außerhalb der kommunalen Aufgaben stellt die Beteiligung an der Trianel Windkraftwerk Borkum GmbH & Co. KG dar.

8. Einsatz von Finanzinstrumenten

 

Finanzinstrumente werden zur Beherrschung identifizierter Markpreisrisiken eingesetzt. Es besteht das Ziel, Risiken lediglich im vertretbaren Maße einzugehen. Der Einsatz von Finanzinstrumenten ist durch interne Richtlinien geregelt. Derivative Finanzinstrumente werden lediglich im Zusammenhang mit einem Grundgeschäft eingegangen. Als Grundgeschäfte kommen sowohl einzelne Posten und Postengruppen als auch antizipative Geschäfte infrage.
Derivate Finanzinstrumente werden mit dem jeweiligen Grundgeschäft bilanziell abgebildet und weisen einen hohen Sicherheitszusammenhang auf. Mit der dauerhaften Dokumentation des Sicherungszusammenhangs wird die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze nach § 249 HGB sowie § 254 HGB nachgewiesen, sofern hierfür die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Anwendung der Hedge-Beziehungen wird durch eine Commodity-Richtlinie bzw. einem Risikohandbuch reglementiert. Sofern aus Derivaten offene Posten oder ineffiziente Bestandteile im Zusammenhang mit Bewertungseinheiten entstehen, werden diese im Falle einer negativen Marktentwicklung über die Bildung von Drohverlustrückstellungen berücksichtigt.

9. Gesamtaussage zur Chancen- und Risikolage


Auf der Grundlage der vom Gesellschafter beschlossenen Strategie „SWFL 21.X: Kurs grün + digital“ und den daraus abzuleitenden strategischen Handlungsfeldern setzen die Stadtwerke Flensburg den Weg der Unternehmensentwicklung weiter fort. Leitlinien dabei sind die Handlungsfelder Dekarbonisierung, Kundenbedürfnisse und Digitalisierung. Die sich insgesamt beruhigenden Energiemärkte geben Anlass zu der Hoffnung, dass sich die Aktivitäten des Unternehmens in einem sich stabilisierenden Umfeld bewegen werden.
Die breite Aufstellung in den Wertschöpfungsstufen Beschaffung, Erzeugung, Netze, Vertrieb sowie angrenzenden Dienstleistungen für die Sparten Strom, Wärme, Erdgas, Wasser und Telekommunikation bietet auch zukünftig die Möglichkeit der Nutzung von Chancen und sich ausgleichender Risiken. Durch die breite Aufstellung ergibt sich neben einer Risikostreuung auch ein Risikoausgleich durch die unterschiedlichen Rollen als Verkäufer oder Einkäufer an den Energiemärkten.
Insgesamt bleibt die Konjunkturentwicklung und das voraussichtliche Verbrauchsverhalten der Kunden jedoch schwer vorhersehbar. Diese Entwicklungen gilt es deshalb, laufend zu beobachten und zu bewerten.