Wie kann Strom aus erneuerbaren Energien zur Wärmeversorgung genutzt werden? Wie kann Energie aus regenerativen Quellen direkt zur Wärmegewinnung eingesetzt werden? Das sind Fragestellungen zweier Projekte, in denen Hochschule und Stadtwerke Flensburg daran arbeiten, Flensburg auch in Zukunft umweltschonend mit Wärme zu versorgen. Wie Wasserstoff in die Energieerzeugung eingebunden werden kann, sollen zwei Masterarbeiten zeigen.
Die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) fördert dieses Projekt der Partner Hochschule Flensburg und Stadtwerke Flensburg. Prof. Dr. Ilja Tuschy, Hochschule Flensburg: „Wir arbeiten bei unterschiedlichsten Projekten schon seit Jahren mit den Stadtwerken zusammen. Sie verfügen über einen breit gefächerten Kraftwerkspark und das entsprechende Know-How, was uns die Möglichkeit gibt, unsere Untersuchungen laufend mit der Realität abzugleichen und zu prüfen, ob diese für die Praxis relevant sind.“
So werden im Flensburger Kraftwerk Strom und Wärme umweltschonend per Kraft-Wärme-Kopplung in einer modernen Gas- und Dampfturbinenanlage und weiteren Anlagen erzeugt. Ein Elektrodenheizkessel heizt nach dem Prinzip „Power-to-heat“ mit Strom aus Wind- oder Sonnenenergie Wasser auf, das für die Flensburger Wärmeversorgung eingesetzt wird. Das ist sinnvoll, wenn viel Strom am Markt und der Strompreis dann günstig ist. Das warme Wasser aus dem Elektrodenheizkessel kann direkt ins Wärmenetz eingespeist oder in einem großen Wärmespeicher „zwischengelagert“ werden, bis die Wärme benötigt wird.
Im kürzlich abgeschlossenen Projekt „Elektrizitätsnetzgekoppelte Fernwärmeversorgung ENKF 2020“ wurde detailliert untersucht, wie Strom- und Wärmeerzeugung im Sinne von Energiewende und Sektorenkopplung besser kombiniert werden können. Dazu hat die Hochschule für verschiedene Anlagen zur Wärmeerzeugung mit unterschiedlichen Einzeltechnologien ermittelt, welche Einsatzvarianten am besten sind. Mit Simulationen und mathematischen Optimierungsmodellen, die stundengenau die Fahrweise eines Erzeugungsparks mit unterschiedlichen Erzeugungsanlagen betrachten, den Börsenstrompreis einbeziehen und die CO2-Emissionen bewerten, wurden letztendlich fünf Anlagenkonzepte einer umfangreichen Analyse unterzogen.
Ist es zum Beispiel beim Börsen-Strompreis X, sinnvoller, Strom an der Börse zu kaufen, und damit Wärme über den Elektrodenheizkessel zu produzieren oder ist es besser die Wärme in eigenen Anlagen zu erzeugen? Und ab wann, könnte sich das Ergebnis, etwa aufgrund steigender CO2-Preise, umkehren?
Ergebnis des Projektes ist, dass die Energieerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung wie im Flensburger Kraftwerk sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich kurz- bis mittelfristig vorteilhaft ist. Die Wärmeerzeugung aus Strom ist aus heutiger Sicht nur sinnvoll und wirtschaftlich, wenn sich die regulatorischen, also politisch vorgegebenen, Rahmenbedingungen ändern würden. Solange der für die Wärmeerzeugung eingesetzte Strom mit allen Steuern- und Abgaben, die mehr als 50% des Strompreises ausmachen, belastet wird, ist diese Energieerzeugung wirtschaftlich äußerst selten vorteilhaft.
Das zweite gemeinsame Projekt zielt aktuell mit längerer Perspektive in eine andere Richtung und heißt „Solarthermisch gestützte Nah- und Fernwärmeversorgung als Baustein der sektorgekoppelten Wärmewende in Schleswig-Holstein“. Hinter diesem Projekttitel verbirgt sich die Erzeugung von Wärme direkt aus der Sonneneinstrahlung, ähnlich wie bei der Photovoltaik zur Stromerzeugung. Da Sonneneinstrahlung und Wärmebedarf oft nicht zur gleichen Zeit stattfinden, müssen hier weitere Technologien zum Einsatz kommen, damit die Wärme dann zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird. So kann ein Technologie-Mix aus Kraft-Wärme-Kopplung und Power-to-heat und Speicherung ergänzt um die Solarthermie dafür sorgen, dass ein erhöhter Anteil erneuerbarer Energien auch in der Wärmeversorgung zum Einsatz kommt, wie dies in Deutschland zurzeit eher selten der Fall ist.
Wie im ersten Projekt wird auch hier analysiert, welcher Erzeugungsmix und welche Konzepte wirtschaftlich und aus umwelttechnischer Sicht optimal sind.
Das ist nicht nur für die Stadtwerke Flensburg, sondern auch für Schleswig-Holstein als deutschlandweiter Vorreiter einer nachhaltigen Energieversorgung, interessant. Wie schon bei der Windenergie, könnte der Aufbau einer solarthermisch gestützten Wärmeversorgung zum Gelingen der Energiewende beitragen. In den skandinavischen Ländern ist diese Entwicklung schon weiter fortgeschritten und Deutschland könnte wie bei der Windenergie die Erfahrungen dieser Länder auf die eigene Energieproduktion übertragen.
Eine stärker auf die Stadtwerke Flensburg ausgerichtete Kooperation ist die Vergabe von zwei Studien zum „Einsatz von Wasserstoff in der Energieerzeugung“. Maik Render, Geschäftsführer der Stadtwerke Flensburg, ist gespannt auf die Ergebnisse: „Wasserstoff ist ein Thema, das gerade in aller Munde ist. In der Energieerzeugung gibt es aber unseres Wissens noch keine Anlage, die Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in großtechnischem Maßstab und in den Mengen, die wir benötigen würden, erzeugen kann. Unsere neue Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) Kessel 12 und die nächste GuD-Anlage Kessel 13 sind zukunftsfähig und beide darauf ausgerichtet, mindestens 50% Wasserstoff verbrennen zu können. Natürlich möchten wir uns rechtzeitig auf Wasserstoff vorbereiten und zusammen mit der Hochschule verschiedene Szenarien und Möglichkeiten durchspielen, damit wir mit Wasserstoff sofort loslegen können, wenn es soweit ist.“