Seit 2005 existiert das europäische Emissionshandelssystem(EU-ETS), um den Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll von 1997 zum Klimaschutz nachzukommen. Durch das EU-ETS werden Emissionen aus den Sektoren Energieerzeugung, Industrie und Flugverkehr berücksichtigt. Emissionen durch den Verkehr und die privaten Haushalte sind nicht einbezogen, obwohl das Kyoto-Protokoll dies eigentlich vorsah.
Bei der Pariser UN-Klimakonferenz 2015 wurden national verpflichtende Zusagen ausgesprochen. Die EU setzte 2018 diese Zusagen in der europäischen Klimaschutzverordnung um. Ende 2019 hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzpaket die geltenden EU-Vorgaben nun umgesetzt und führt mit dem nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) eine CO₂-Bepreisung ein.
Das nationale Emissionshandelssystem(nEHS) startet zunächst mit einem jährlich steigenden Festpreis und soll dann ab 2026 in ein auktionsbasiertes System übergehen. Nach aktuellem Stand werden die CO₂-Zertifikate für 2021 zum Preis von 25 Euro je Tonne CO₂ verkauft; bis 2025 steigt dieser Preis auf 55 Euro je Tonne CO₂. Es fehlen noch viele Detailregelungen, das BEHG enthält hierfür 14 Verordnungsermächtigungen.
Welche Brennstoffe fallen unter das Emissionshandelssystem?
Für die ersten zwei Jahre (2021/22) werden Zertifikate für das Inverkehrbringen von Benzinen, Diesel- und Heizölen sowie Erd-, Flüssig- und Grubengasen benötigt. Ab 2023 unterliegen dann alle Brennstoffe, die auch nach dem Energiesteuergesetz erfasst werden, dem nationalen Emissionshandelssystem. Dies betrifft dann u. a. Kohle, als Brennstoff eingesetzte aufbereitete Abfälle und weitere Brennstoffe – auch mit biogenem Anteil. Bei Erdgas und Kohle sind viele Nutzer bereits zur Teilnahme am europäischen Emissionshandelssystem verpflichtet und werden daher vom nationalen Emissionshandelssystem ausgenommen.
Wer muss Zertifikate beschaffen?
Im Gegensatz zum europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) verfährt das nationale Emissionshandelssystem wie das Energiesteuerrecht. Nicht der Verbrauch von Brennstoffen, sondern das Inverkehrbringen oder Liefern von fossilen Brennstoffen verpflichtet zu Kauf und Abgabe von Zertifikaten. Nach Schätzung der Bundesregierung trifft die Verpflichtung rund 4.000 Unternehmen, darunter u. a. Energieversorger, Raffinerien und Händler von Mineralölen, die chemische Industrie und die Abfallwirtschaft. Aber auch wenn der Letztverbraucher keine Zertifikate beschaffen muss, die Kosten für die Zertifikate werden natürlich über die Preise für Benzin, Diesel, Erdgas etc. an ihn weitergegeben.
Wo werden Zertifikate beschafft und wer überwacht die Abgabe?
Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt ist für den Vollzug des nationalen Emissionshandelssystems bestimmt worden. Die DEHSt vollzieht bereits seit 2005 das europäische Emissionshandelssystem in Deutschland und hat entsprechende Prozesse zumindest in ähnlicher Form bereits aufgebaut. In den Jahren 2021 bis 2025 werden die Zertifikate von der DEHSt zu den festgelegten Preisen an die Verpflichteten verkauft. Die Zertifikate gelten jeweils genau für ein Kalenderjahr und sind nicht übertragbar. Ab dem Jahr 2026 werden die Emissionszertifikate versteigert; zunächst in einem Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro je Tonne CO2, ab 2027 sollen sich die Preise frei am Markt bilden.
Die verpflichteten Unternehmen müssen bis jeweils zum 31. Juli jedes Jahres einen Emissionsbericht erstellen, der über die in Verkehr gebrachten Brennstoffe und die sich daraus ergebenden Emissionsmengen des Vorjahres berichtet. Die Angaben des Emissionsberichts müssen von einer zugelassenen Prüfstelle verifiziert werden. Im Anschluss sind die Unternehmen verpflichtet, bis zum 30. September jedes Jahres die Zertifikate gemäß ihrem Emissionsbericht abzugeben.
Mit welchen Kosten müssen Endverbraucher rechnen?
Ein Zertifikat erlaubt die Emission von einer Tonne CO2. Für die unterschiedlichen Brennstoffe gibt es unterschiedliche Umrechnungsfaktoren, Heizwerte und heizwertbezogene Emissionsfaktoren. Die Menge des Brennstoffes wird mit den o. a. Faktoren multipliziert und ergibt die Menge der CO2-Emissionen. Im Folgenden wird dies am Beispiel für Erdgas dargestellt:
Für Erdgas gilt aktuell:
Umrechnungsfaktor | 3,2508 GJMWh |
Heizwert (Hi) | 1 GJ/GJ |
Emissiosfaktor | 0,056 t CO2/GJ |
CO2-Kosten für 1.000 kWh oder 1 MWh Erdgas betragen:
3,2508 GJ/MWh * 1 GJ/GJ * 0,056 t CO2/GJ * 25 €/t CO2 = 4,55 €/MWh
Eine Megawattstunde Erdgas führt also zu 0,1820448 t CO2. Bei einem Preis von 25 Euro je Tonne CO2 bedeutet dies zusätzliche Kosten in Höhe von 4,55 Euro je Megawattstunde bzw. 0,455 Cent je Kilowattstunde Erdgas.
Nachfolgend sind die zusätzlichen Kosten für die CO2-Bepreisung für beispielhafte Brennstoffe aufgeführt:
CO2-Preis | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 |
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Heizöl (HEL & Diesel) | 6,7 ct/L | 8,0 ct/L | 9,4 ct/L | 12,0 ct/L | 14,7 ct/L |
Benzin (E85) | 4,3 ct/L | 5,1 ct/L | 6,0 ct/L | 7,7 ct/L | 9,4 ct/L |
Erdgas | 0,46 ct/kWh | 0,55 ct/kWh | 0,64 ct/kWh | 0,82 ct/kWh | 1,0 ct/kWh |
Die Weitergabe der zusätzlichen Kosten an den Letztverbraucher ist durchaus gewollt. Es ist ein notwendiger Teil des Wirkungsmechanismus, dass diese Kosten weitergegeben werden; ansonsten würden zwar die Staatseinnahmen steigen, der Verbrauch jedoch unverändert bleiben. Die Weitergabe der zusätzlichen Kosten soll also dem Letztverbraucher einen Anreiz bieten, CO2 einzusparen oder ggf. auch ganz zu vermeiden.
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Abkürzungen
GJ – Gigajoule, 1 GJ = 277,778 kWh
MWh - Megawattstunde
kWh - Kilowattstunde
t - Tonne
L - Liter
CO2 - Kohlenstoffdioxid
ct - Cent
Was passiert mit den Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem?
Nach aktuellen Planungen will die Bundesregierung die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung zunächst vollständig zur Senkung der EEG-Umlage einsetzen. In 2021 soll die EEG-Umlage auf 6,5 ct/kWh gesenkt werden, in 2022 auf 6,0 ct/kWh. Ohne die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung könnte die EEG-Umlage in den nächsten Jahren bis auf 10 ct/kWh steigen.
Weiterhin plant die Bundesregierung, mit der CO₂-Bepreisung die Anhebung der zusätzlichen Entfernungspauschale für Fernpendler zu finanzieren.
Was bedeutet das Brennstoffemissionshandelsgesetz für Kunden der Stadtwerke Flensburg?
Für Fernwärmekunden der Stadtwerke Flensburg im Netzgebiet Flensburg, Glücksburg und Harrislee ergibt sich keine Auswirkung, da das Heizkraftwerk der Stadtwerke bereits im europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) verpflichtet ist und für die CO₂-Emissionen schon europäische Zertifikate beschafft.
Kritik am Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG)?
Grundsätzlich gibt es viel Kritik bezüglich der Unsicherheiten, die sich für die Unternehmen aus dem BEHG ergeben. Es gilt bereits ab 2021, die notwendigen Verordnungen sind jedoch noch nicht erlassen, und somit bleiben viele Fragen bisher unbeantwortet. Die starren Rahmenbedingungen bei der Beschaffung von Zertifikaten bedeuten teilweise hohe Risiken für die betroffenen Unternehmen.
Wie bewerten die Stadtwerke Flensburg die Situation?
Die Einführung einer CO₂-Bepreisung erachten wir als Schritt in die richtige Richtung. Denn nur wenn der Ausstoß von CO₂ einen Preis hat, werden die Unternehmen und Verbraucher beginnen, CO₂ einzusparen.